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Biodiversität

Oft wird Biodiversität mit Artenvielfalt gleichgesetzt. Es geht um die Vielfalt der Pflanzen- und Tierarten, also auch um die genetische Vielfalt innerhalb einer Art und um die biologische Vielfalt der Lebensräume, wie Wälder, Seen oder Wiesen, auch Ökosysteme genannt. Die Vielfalt dieser drei Ebenen – Gene, Arten und Ökosysteme – ergeben zusammen die Biodiversität, die biologische Vielfalt. Kurz: das Leben auf unserer Erde.

Verteilung der Biodiversität auf der Welt

Wie viele Arten von Lebewesen es auf der Erde gibt, ist unbekannt. Schätzungen schwanken stark, sie gehen von 5 bis 100 Millionen Arten aus. 1,8 Millionen Arten, also nur ein Bruchteil, sind wissenschaftlich erfasst. Riesige Schatzkammern der Natur, so genannte Hot Spots, finden sich in Meeren, den Tropen und auch alten Kulturlandschaften. Die biologische Vielfalt ist nicht gleichmässig verteilt. Durch Klima- und andere Standortfaktoren sind Regionen mit einer besonders hohen Dichte an Arten, Ökosystemen und Genressourcen entstanden. In den tropischen Regenwäldern werden insgesamt 50 bis 70 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten vermutet. 

Allein Brasilien beherbergt 56.000 verschiedene Pflanzenarten.

Der Mensch ist abhängig von der Biodiversität

Für uns sind die Leistungen der biologischen Vielfalt etwas völlig Selbstverständliches. Wenn wir genau hinsehen, wird schnell klar, dass die Biodiversität ein gigantischer Dienstleister ist. Arten liefern Nahrungsmittel, Rohstoffe und Arzneien. Ökosysteme sorgen für saubere Luft, sauberes Wasser und fruchtbare Böden, sie leisten Hochwasser- und Erosionsschutz. Als Lebensraum bieten sie uns Erholung und Freizeitmöglichkeiten. Die Industrie ist direkt von vielen Rohstoffen abhängig, wie Holz, Ölen, Mineralien oder Farbstoffen. Arten liefern ausserdem Vorbilder für technische Innovationen. Ein interessantes Beispiel ist der Lotus-Effekt, abgeleitet von der selbstreinigenden, extrem abweisenden Blattoberfläche der Lotusblume. 

Der "Lotus-Effekt"

Nach diesem Vorbild wurden Oberflächen entwickelt, die uns im Alltag längst begleiten, wie etwa an Häuserfassaden.

Biologische Vielfalt ist wertvoll

Jede Art ist ein Rädchen im System des Lebens, das sich über Jahrmillionen entwickelt hat. Wir tun gut daran, sie zu achten und um ihrer selbst willen zu schätzen und zu schützen – vom einfachen Einzeller bis zum faszinierenden Delfin und ganzen Landschaften. Wir als eine Spezies auf diesem Planeten sind eng mit dem natürlichen System verwoben und direkt von ihm abhängig. Um unsere Abhängigkeit und den enorm hohen Wert zu verdeutlichen, wird in jüngster Zeit versucht, diese Leistungen zu quantifizieren. Hierzu drei Beispiele:

 

  • Geschätzte 60.000 verschiedene Pflanzenarten werden weltweit in der traditionellen und modernen Medizin genutzt.
     
  • 30 Prozent des weltweiten landwirtschaftlichen Ertrags hängt von tierischer Bestäubung ab. Der ökonomische Gesamtwert der Bestäubung durch Insekten weltweit wird auf etwa 265 Milliarden Euro geschätzt (Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung, Technische Universität Dresden, Universität Freiburg, Zahlen von 2009).
     
  • Rund 100 Millionen Tonnen Wasserorganismen wie Fische, Muscheln und Krustentiere werden jährlich gefangen und leisten einen erheblichen Beitrag zur globalen Ernährungssicherung (FAO, The State of World Fisheries and Aquaculture 2006).

 

Warum müssen wir uns darum kümmern?

Die Natur ist unsere Lebensgrundlage. Und eine hohe Biodiversität ist wie eine Lebensversicherung für uns und künftige Generationen. Denn Vielfalt ist das wichtigste Überlebensprinzip in der Natur, es erzeugt Stabilität. Nur bei einer hohen Artenvielfalt und einer grossen genetischen Bandbreite innerhalb einer Art ist die Natur in der Lage, mit veränderten Bedingungen zurechtzukommen: mit veränderten Klimabedingungen, neuen Krankheiten oder Schädlingen. Das Aussterben einer Art hingegen ist unumkehrbar und schafft unkalkulierbare Risiken. Tiere und Pflanzen haben neben ihrem Eigenwert eine Funktion im Ökosystem.

Die Frage ist, wann Ökosysteme ihre Funktionen und damit ihre Dienstleistungen einstellen.

Wenn 10 Prozent der Arten ausgestorben sind?

Oder 60 Prozent?

Die grössten Probleme

Schätzungen gehen davon aus, dass die Aussterberate von Arten durch menschliche Einflüsse um den Faktor 1000 bis 10.000 höher ist als die natürliche Rate. Mehrere tausend Tier- und Pflanzenarten verschwinden jährlich. Derzeit sind etwa 26.000 Arten vom Aussterben bedroht. Tiere wie der chinesische Flussdelfin, der Pyrenäen-Steinbock oder der Java-Tiger sind für immer verloren. Viele Meeresfischbestände sind gefährdet. Nicht nur Tier- und Pflanzenarten, sondern auch zahlreiche Ökosysteme sind weltweit in Gefahr. Schon 1990 waren vermutlich 42 Prozent des tropischen Regenwaldes vernichtet, schätzte damals die Welternährungsorganisation (FAO). 13 Millionen Hektar Wald werden jährlich zerstört. Und die intensive Landwirtschaft führt dazu, dass viele Nutzpflanzensorten verloren gehen, schon jetzt sind es mindestens 75 Prozent.

 

Aktuelle Beschlüsse und Programme

Übereinkommen über die biologische Vielfalt

Das Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity - CBD) ist das umfassendste verbindliche internationale Abkommen zum Schutz der Biodiversität und nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen. Es wurde im Anschluss an den ersten Weltumweltgipfel in Rio de Janeiro im Jahr 1992 verabschiedet und inzwischen von über 190 Staaten unterzeichnet. Die Umweltkonvention hält fest, dass die biologische Vielfalt elementar ist für unser Wohlergehen und unsere Lebensqualität. Der Erhalt der Biodiversität, die nachhaltige Nutzung und der gerechte Vorteilsausgleich aus ihrer Nutzung (Access and Benefit Sharing, ABS) sind als gleichwertige Ziele formuliert worden. Der aktuellste Bericht der CBD vom Oktober 2014,  kommt zu dem Ergebnis, dass fast alle Ziele, die sich die Staatengemeinschaft bis 2020 gesetzt hat, verfehlt werden.

Weltnaturschutzunion

Die oftmals erwähnte internationale „Rote Liste“  ein Indikator für den Zustand der Biodiversität, es ist die renommierteste und verlässlichste Quelle. Herausgegeben wird sie von der Weltnaturschutzunion IUCN. Expertenworkshops schätzen die Gefährdung einzelner Tier- und Pflanzenarten ein und ermitteln regelmässig die so genannte Aussterbewahrscheinlichkeit. Die IUCN ist eine internationale Nichtregierungsorganisation und Dachverband für Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen.

WWF

Als NGO setzt sich der WWF (World Wide Fund For Nature) seit mehr als 50 Jahren für den Erhalt der biologischen Vielfalt und die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen ein. Die Naturschutz-Organisation ist in über 100 Ländern aktiv. Aktuell werden 1.300 Projekte zur Bewahrung der biologischen Vielfalt unterstützt. 

Wann stellen Ökosysteme ihre Funktionen und damit ihre Dienstleistungen ein?

So engagiert sich Weleda für die Biodiversität

Natürliche Rohstoffe bilden das Herz unserer Produkte. Durch die Bewirtschaftung von weltweit fast 248 Quadratkilometern (entspricht knapp 35.000 Fussballfeldern) nach den Richtlinien des biologischen Anbaus fördern wir die Bodengesundheit und tragen zur Erhaltung der Biodiversität bei. Denn ohne biologische Vielfalt können Weleda Produkte nicht entstehen.

Die Weleda Heilpflanzengärten: Wir wollen die Biodiversität nicht nur schützen, sondern sie auch fördern.

Ethischer Rohstoff-Einkauf

Was ist das und was hat das mit mir zu tun?

Ob Arnika, Palmöl oder Kaffee – der Anbau und Handel vieler Rohstoffe und Produkte verursacht ökologische und soziale Probleme. Nicht umsonst fragen wir uns immer häufiger, unter welchen Arbeitsbedingungen und mit welchen Auswirkungen auf die Umwelt Rohstoffe gewonnen, Produkte hergestellt und in den Verkauf gebracht werden. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat anhand vieler Fallstudien dargelegt, wie Unternehmen ihre Macht missbrauchen und Menschenrechte und Umweltstandards verletzen. Der Bericht „Gerechtigkeit für Mensch und Planet, 2018“ zeigt das Fehlverhalten in Zusammenhang mit Abholzung, Wasser- und Luftverschmutzung, Chemie- und Atomunfällen oder der Verletzungen von indigenen Rechten. Aber auch wir als Käufer verfügen über Macht, über die Nachfrage-Macht. Denn letztendlich bestimmen unsere Nachfrage und unsere Kaufentscheidung, welche Produkte in die Märkte gelangen. Immer mehr Menschen übernehmen Verantwortung für ihre Produktentscheidung. Das Ergebnis darf nicht unterschätzt werden, die Marktwirtschaft wird hierdurch beeinflusst und das Wohlergehen von Mensch und Umwelt ebenfalls.

 

Lieferketten hinter Produkten

Unternehmen sind weltweit in Liefer- und Wertschöpfungsketten vernetzt, nicht selten über mehrere Kontinente hinweg. Sie beziehen Arbeitskräfte, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Dienstleistungen zur Erstellung ihrer Produkte. Global agierende Unternehmen erschliessen neue Märkte und Produktionsstätten, wodurch soziale und ökologische Probleme entlang der Lieferketten entstehen können – wegen unterschiedlicher gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie ökologischer und sozialer Mindeststandards. Die Folgen sind Intransparenz und die oft mangelhafte Durchsetzung von Menschenrechten, Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards. Dies gilt insbesondere für die Produktion in Entwicklungs- und Schwellenländern, aber auch in Ländern mit hoher Wirtschaftsleistung.

 

Beispiel Heilpflanzen

Rund 60.000 Pflanzenarten werden weltweit für medizinische Zwecke genutzt. Laut WWF gelangen jedes Jahr weltweit mehr als 400.000 Tonnen Heilpflanzen mit einem Marktwert von über 1 Milliarde Euro in internationale Märkte (Heilkraft der Natur, 2015). Deutschland verbraucht jährlich etwa 45.000 Tonnen Heilpflanzen und belegt den Spitzenplatz in Europa. Vier Fünftel der weltweiten Gesamtmenge wird wild gesammeltohne Zertifizierung oder Monitoring. Das rücksichtslose Ernten und Handeln hat ökologische, soziale und wirtschaftliche Folgen. Wegen Übernutzung und Lebensraumverlust sind etwa 15.000 Arten bedroht. Sterben sie aus, stehen sie weder den Menschen in den Ursprungsländern zur medizinischen Versorgung, noch der Wirtschaft und den Kunden zur Verfügung. Bei Weleda sind alle Wildsammlungen zertifiziert.

 

Bei Weleda sind alle Wildsammlungen zertifiziert

Wir bei Weleda legen Wert auf dem Etablieren langfristiger Projekte.

Biostandards schauen nach Tier und Pflanze, aber auch nach dem Menschen?

Aus ökologischer Sicht ist Bio die erste Wahl. Dabei stellen Anbauverbände in ihren strengen Verbandsrichtlinien höhere Anforderungen an Bioprodukte als der Gesetzgeber. Allerdings gibt es auch hier Verbesserungsmöglichkeiten, zum Beispiel wenn es um Erhalt und Förderung der biologischen Vielfalt geht. Aus sozialer Sicht gibt es eine grosse Bandbreite: von Labels, die sich ausführlich mit dem Thema Menschenrechte beschäftigen, wie dem Sozialmanagementstandard SA 8000, bis hin zu Anbauverbänden, bei denen lediglich das gültige Arbeitsrecht im eigenen Land gilt und die Sozialstandards nicht weiter ausgeführt werden. Aufgrund der grossen Anzahl der verschiedenen Siegel und Labels fällt eine Orientierung oft schwer. Eine gute Bewertungshilfe ist der Ecolabel Index als weltweit grösstes Verzeichnis mit über 460 Labels aus fast 200 Ländern und 25 Sektoren.

Union for Ethical BioTrade

Die Union for Ethical Biotrade (UEBT) bietet einen weltweit anerkannten Standard für den ethischen Handel mit natürlichen Ressourcen. Die gemeinnützige Organisation ist als Ableger des Übereinkommens über Biodiversität der Vereinten Nationen (Convention on Biological Diversity, CBD) und der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UN Conference on Trade and Development, UNCTAD) entstanden. Der UEBT-Standard umfasst alle drei Säulen der Nachhaltigkeit und geht über die bestehenden Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO), der Guidelines der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und andere hinaus. Durch die Erfüllung des UEBT-Standards versichert ein Unternehmen seinen Kunden
 

  • dass es bei der Beschaffung von Rohstoffen die Biodiversität erhält und nachhaltig nutzt.
     
  • dass nicht nur alle Partner entlang der Kette gerecht behandelt und fair bezahlt werden, sondern dass es eine Nachverfolgbarkeit gibt, um die Ursprünge der natürlichen Inhaltsstoffe identifizieren zu können.
     
  • Ausserdem gibt es kein Landgrabbing, statt dessen Massnahmen, um illegale Nutzungen zu vermeiden.

Die Unterschiede von Fairtrade, UEBT und anderen Labels

Das Fairtrade-Siegel ist uns aus der Lebensmittelindustrie gut bekannt, vor allem von fair gehandeltem Kaffee. Zu den Fairtrade-Standards gehören das Verbot illegaler Kinderarbeit und Sklavenarbeit. Ein Drittel der Kriterien bezieht sich hingegen auf den Schutz der Umwelt. Der Unterschied zwischen UEBT und anderen Labels besteht darin, dass der UEBT-Standard gezielt die verschiedenen Lieferketten eines Unternehmens bis zum Ursprung zurückverfolgt, und zwar für alle natürlichen Inhaltsstoffe. Dazu hat die Organisation spezielle Managementtools erarbeitet. Der UEBT-Standard beinhaltet auch ein fortlaufendes Monitoring der Arten im Anbau beziehungsweise in der Wildsammlung, sodass die Biodiversität in kritischen Fällen erhöht oder verbessert werden kann.

UEBT beleuchtet das Unternehmens-System als Ganzes.

Ethische Rohstoffbeschaffung bei Weleda

Weleda gehört weltweit zu den grössten Abnehmern von Biorohstoffen. 2018 hat Weleda als einer von zwei Marktführern, die neue UEBT-Zertifizierung „SOURCING WITH RESPECT“ erhalten. Bereits seit 2011 ist Weleda Vollmitglied der UEBT und hat den Standard in allen Lieferketten für natürliche Rohstoffe bis zurück zum Ursprung der Pflanze umgesetzt. Bei mehr als 1.200 Lieferketten ist dies einzigartig und mit erheblichem Aufwand verbunden. Über die Mitgliedschaft wird zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der Biodiversität beigetragen. Ausserdem werden sozioökonomische Praktiken entlang der Lieferketten gewährleistet sowie soziale Rahmenbedingungen bei der Rohstoffgewinnung eingehalten: Wir sichern allen Lieferpartnern ein angemessenes Grundeinkommen und streben langfristige Verträge mit unseren Lieferanten an, um eine zuverlässige Planung für alle Beteiligten zu ermöglichen.